Provence Wir passierten soeben das Grenzgebiet zur Alpes-Haute-Provence als nach einer Weile der beschaulichen Hügelfahrt ein Hochplateau sichtbar wurde dessen Pfirsichplantagen in der einem Willkommensgruß gleichenden dort typischen Hitze ihrer Erntereife harrten und wir bei abgeschalteter Klimaanlage und vollständig geöffneten Seitenfenstern uns ebenso dem Gruß des Südens bei zusätzlich abgenommenen Sicherheitsgurten wonnevoll hingaben. Es war nicht mehr weit, die lange Zufahrt zum gebuchten Anwesen verlief entlang einer der im 12. Jhdt. errichteten Steinmauern, welche entlang der Schummerung die Olivenplantagenhänge terrassenformgebend abstuften. Mit einem freundlichem „Hallo“ federte der athletische Vermieter unserem Wagen entgegen. Eingewiesen in eines der Terrassenplateaus zum Parken unter Pinien führte er uns nach einer die gemeinsame Sprache suchenden Begrüßung einen Fußpfad hoch. Nach elfmaligem Besteigen einer höher gelegenen Terrasse mit Pinien, Eichen und Olivenbäumen, welche durch treppenartige Öffnungen in den Steinmauern passierbar gemacht waren, erreichten wir das Anwesen. Das liebevoll restaurierte und nach traditioneller Bauweise errichtete landestypische Steinhaus mit roter Mönch-Nonne-Bedachung entfaltete, von weitem unsichtbar, hier auf einer Lichtung seinen ganzen provenzalischen Stolz. Starke Natursteinmauern prägten das Äußere, entrindete Baumstämme dachtragend aufliegend das Innere. Wohltuend kühl empfing uns die große Küche beim Betreten des Hauses. Der übliche große Tisch sowie die Laguiole-Messer nebst Salatschleuder zeugten von Authentizität. Die folgende Einweisung in die technischen Besonderheiten dieses Hauses entlarvten nicht nur den Charme des Südens mit seinen Macken sondern auch das ökologische Engagement des Besitzers – Stromautarkie über Photovoltaik. Hr. C. zeigte sich als ein asketisch sportlich durchtrainierter Mann um die 50 als er mit einer historischen Schubkarre unser Gepäck in zwei Touren zum Haus brachte. 1,5 Hektar nannte er stolz seinen Besitz. Zwei Wohnhäuser und dieses Ferienhaus schloß dieser provenzalische Hangmischwald ein. Olivenbäume, eine niedere Eichenart sowie Kiefern und Kastanien wurden an der oberen Grundstücksgrenze von der Garrigue abgelöst; einem berühmten regionalen Strauchbewuchs mit Kräutern wie Thymian und Rosmarin. Alle diese Gerüche und der Klang der nimmermüden Zikaden rundete nunmehr die tägliche Sinneserfahrung ab. Die Dachneigung des Hauses entspricht der Topographie. Es ist über vier Terrassenfelder gebaut. Und zwar hatte man, um Platz zu schaffen, durch Erdarbeiten jeweils vier um 100 cm in ihrer Hochlage übereinander gelegenen und 4 m tiefen Terrassen zu zweien mit 2 m Höhenabstand und 8 m Tiefe erweitert, so daß der Eingangsbereich mit Küche auf der einen und durch eine Stiege der Wohnbereich auf der anderen Höhe gelegen war. Es ist eine selten zu sehende historische Wohnform aus Urzeiten. Die bessere Bewirtschaftung hanglagiger Plantagen machte abgestufte horizontale Felder erstrebenswert. Nur der Weinbau bei uns im Norden braucht 90 Grad zur Sonne. Früheres Aufsammeln und Brechen der Natursteine ergab das Material für die den ebenen Boden schaffenden Terrassenfeldmauern – mit Anschüttung der Erde. Aus eben diesem Steinen sind auch die Häuser wie unseres es war. Größerformatige Eckquader und starke Fenster- und Türstürze aus Balken prägten das Bild des Hauses mit den über 1 Meter starken Außenwänden, welche nach überlieferter Baukunst als Natursteinmauer angefertigt waren. Die innen sichtbaren gehobelten Baumstämme liegen auf den Mauern nicht ganz außenbündig auf so daß außen eine durchgehende Mauer erscheint ohne die offenen Stirnhölzer der Stämme die ja wegfaulen können. Nun gab es also hintereinander und um 2 Höhenmeter versetzt die Wohnräume. Kaum zwei solcher archaischer Gebäude wurde ich auf unseren Touren durch das Hinterland mit ihren kleinen für heutige Verhältnisse einspurigen Straßen gewahr. Es sind aber auch ehemalige Nebengebäude im Bestand der Plantagen und somit fern der Durchgangsstraßen wie unseres es war. Innen geprägt von jener hellholzigen alternativen Ästhetik wie sie in den 70ern bei uns in Studentenkreisen beliebt war und später sich in bürgerlichen Kreisen verbreitete. Hr. C. schien auf französische Art der antiimperialistischen Armut vieler Westeuropäer verfallen zu sein, sehr verspätet allerdings, schließlich schraubt hier niemand mehr gehobelte Balken zu einem Bettkasten zurecht. Wenn es denn sein muß allerdings mit höherem schreinerischem Aufwand als es hier der Fall war. Auch die technische Einrichtung und deren Qualität muß längst nicht mehr bar jedes Sachverstandes sein – immerhin ohne erkennbares Gefährdungspotential der Insassen. So verströmt er auch mit seinem Bioolivenölverkauf im Vergleich zu manchen armseligen hiesigen Landbewohnern eine schrullige, auf allerdings hohem Provinzlehrerniveau gehaltene, Individualistenaura aus. Diese setzt sich in gepflegten Außenanlagen fort und mündet im Kontrollzwang, die des nahenden Gewitters ausgesetzten Gartenstühle während unserer Abwesenheit unterzustellen. Unser erster Tag, ein Sonntag, führte uns zu den Cascades. Südlich unserer zuständigen Kommune stürzte die Bresque eine über 100 Meter hohe Felswand hinunter und bildete zu Beginn des dann schluchtartigen weiteren Verlaufs über den großen im Flußbett liegenden Felsbrocken wasserkalkbedingt eine Versinterung dieser Felsen, welche ihrerseits zahlreiche Becken bildeten. Ein Vergleiche zu den Sinterterrassen in Pamukkale (Türkei) lag mir sehr nahe. Diese bildeten hanglagige reine Kalkbecken. Hier in diesen pool-ähnlichen Strukturen mit den felsigen, von der Versinterung geglätteten Rändern, über die die Bresque weiter floß jeweils zu dem nächsten Becken, wurde gerne geschwommen. So auch unsere Landseer-Hündin Irma. Die eigentliche sinnliche Attraktion mit einer höheren Halbwertszeit betraf jedoch das Naturschauspiel insgesamt: Das Tal der Schlucht wird in diesem Bereich geprägt von den verschieden großen versinterten Felsbecken und ihren unterschiedlich breiten Randzonen zu den Nachbarbecken mit halbdichtem Baumbewuchs und urwald-ähnlichem transluziden Lichteinfall, welcher das ohnehin schon mineralienbedingt türkisfarbene Wasser der Bresque nochmals die Sinne betörend steigert in dem die Becken von weitem zwischen den Bäumen türkise Farbtupfer in der Schlucht zu bilden scheinen. In diesem schier paradiesischen Umfeld wirkten die 5 bis 20 Meter großen und 1 bis 2 Meter tiefen türkisen Wasserbecken mit den sie umgebenden Bauminseln urzeitlich. Irma fand es geradezu neuzeitlich bequem erfrischend in den pools zu schwimmen – besonders nach den Mühen der Tageshitze welche ihr auferlegt worden waren. Unser erster Besuch am Meer bestand hauptsächlich zu Beginn der Fahrt im Bezwingen des Massif des Maures. Einspurige Kleinststräßchen mäanderten durch riesige Kastanien- und Korkeichenwälder. Nach langer ruhiger Fahrweise, um Irma nicht zu sehr durchzuschütteln, erreichten wir einen der Hochpässe dieses Gebirges. Inzwischen schmiegte sich dort ein hoher Funkturm an den Notre Dame des Anges, ein Wallfahrtsort in einem kleinem Dom der unsere Fahrt krönte. Wie die meisten dieser kirchlichen Bauwerke war dieses außen schmucklos ocker gestrichen. Dem eigentlichen Kirchenschiff in giebelseitiger Verlängerung vorgebaut gab es ein Atrium mit Säulengang so daß wir zweimal ehrfürchtig durch große Pforten schritten. Beim Betreten des Kirchenschiffs bot sich ein optisches Spektakel wie es in Kirchen nicht üblich ist: Alle Seitenwände voll behangen mit Verehrungs- und Erinnerungsplaketten und –bildern, die wie Kachelmuster die Kirche schmückten. Vereinzelt waren nach offensichtlich wundersamer Heilung zurück gelassene Gehhilfen zu sehen, ein von der Decke abgehängtes Modellsegelschiff und ein ebenso plaziertes Kunstkrokodil wetteiferten um mystisches Interpretationspotential. Diese Kleinkathedrale auf dem ersten Berg hinter St.Tropez gab viele Rätsel auf, die zu lösen noch ausstehen. Mit Irma an der Cote d´Azur südwestlich von St.Tropez schwimmen gehen ist nicht einfach. Entweder sind die attraktiven kommunalen Sandbuchten für Hunde gesperrt, obwohl Irma kein eigentlicher Hund ist sondern eine canidoide Gräfin, oder ein beeindruckendes Villenviertel schirmt sich grundsätzlich von allen zivilen Interessen ab. So blieb uns ein Randstück mit mehr Tang als an den Edelstränden. Immerhin schwammen wir bei Badewassertemperaturen den vor Anker liegenden Mehrfamilienhäusern mit Radaraufsätzen so groß wie ein Faß Bier entgegen. Unsere Rückfahrt mit leicht prickelnder salziger Haut führte uns gar expeditionell wieder durch provenzalische Kleinststräßchen und –dörfer. Diese sahen wir auch am nächsten Tag während einer Bummeltour über Land. Auf einem Berg, die Kirche umgebend, fügen sich am umlaufenden Hang die in Reihe gebauten und zahlreiche Gassen bildenden Häuser in ihren Dorfstrukturen zusammen. Die verwirrende Vielzahl der Gassen öffnet dann aber ein Bild für die Bauart. Schadhafte Putzstellen zeigten oft die mit großen Flußkieselsteinen gemauerten Außenwände, unterlassene Renovierungsarbeiten zeigten den inzwischen morbiden Charme schrulliger Lamellenfensterläden oder postkartenaffiner Althaustüren bis zur Höchstleistung an für Romantik gehaltene Bauschäden in Form von sich nach außen durchbiegender Erdgeschoßmauern, die scheinhübsche Spanneisenköpfe zieren – solche Grüße aus der Vorkriegszeit kannte ich schon aus den 70ern. Diese für den Touristen als liebenswertes südliches Ambiente identifiziertes optisches Aroma ist grundsätzlich sozioökonomischen Beweggründen zuzuschreiben. Anders die Autos, lange gefahren wegen der nach gewissen Jahren auslaufenden Steuerpflicht, ist nun u.a. seit Einführung der TÜV-ähnlichen Hürde kein altes Auto mehr unterwegs. So bleiben neben den alten Häusern und die sie selten noch zierenden auf den Putz gemalten Reklamen wenige Zeichen einer alten Zeit übrig, die immer abhängig vom eigenen Jahrgang ist. Meistens wird den frühen Nachkriegsjahrzehnten nachgetrauert oder der Gründerzeit oder gar der Zeit der Romantik. Auf der ersten Ausfahrt in den Norden wo der Lavendel angebaut wird passierten wir Ausläufer der Verdon-Schlucht, welche wir bereits 2011 kennengelernt hatten. Einem der Orientierung dienenden fragenden jungen italienischen Paar konnten wir während einer Rast wertvolle Hinweise zur Entdeckung der besonders schönen Verläufe der Schlucht geben; wir waren westlich der einen Canyon bildenden Felseinschneidungen, welche auch Einheimische anzieht. Einer zog sein kleines Motorboot mit Elektro-Außenborder per trailer zum Erkunden der Schluchten mit dem auch hier türkisen Wasser hinter sich her. Auf dem diesen Schluchten vorgelagerten See bildeten die ihre Zeitlupenkreise fahrenden Segelboote mit ihren bunten Segeln von der nahen Paßstraße aus gesehen ein perspektivisch konfettiartiges buntes Muster wie Aquarelle aus den 50ern . Nördlich dieses sportlichen Naherholungsgebietes zeigten sich dann die ersten lila Raupen, mancherorts bis fast zum Horizont. Auf dem Höhepunkt ihrer Blüte aber noch keine Erntemaschinen tätig, wollte uns der Lavendel noch öfter überraschen. Wir verließen das Canyon-Gebiet nordwärts, dort schließt das riesige bis zu den Ausläufern der Alpen gelegene Hochplateau an. Vereinzelt waren in der Ferne nackte, der Baumgrenze erhabene, Felsmassive der alpinen Vorgebirge mit ihren schneeweißen sie zieren wollenden Gipfelflecken zu erkennen. Kaum daß wir mit der Weitsicht, welche uns die Ebene zur Verfügung stellte, ferne Lagerhallen und Arbeitsgebäude einer Märklinlandschaft gleich inmitten karger Umtriebsfelder registriert hatten führte uns das hitzeschwangere Splitasphaltband in eine kurvenbildende Senke aus der wir nicht mehr herauskamen. Vor unseren Augen breitete sich das mehrere fußballfeldgroße Streifenmuster gewölbt bis zum Horizont aus. Inmitten des ockerfarben besteinten rotbraunen Bodens zogen sie ihre Raupen. „Lavande“ seufzte Brigitte; Irma, sich gerade an dem bei geöffneten Fenstern hereinstolzierenden Fahrtwind labend, schaute verdutzt auf. Die saggital betrachtet fächerförmig einen Halbkreis bildenden grünen Stängel mit ihren lila Rispenköpfchen bildeten in der über sie hinweg betrachteten Gesamtheit die über einen Meter breiten dichten sich dem Bodenverlauf anschmiegenden und parallel sich windenden Raupenmeere. Ocker-rotbraune Trennfugen zwischen lila Zahnpastawürsten sprengte vorübergehend unseren Affektaustausch. Paralysiert mußte der Wagen beiseite gestellt werden, trotzig aber routiniert bequemte sich Irma aus ihrem Abteil. Schier sprachlos schritten wir einige Reihen ab. Dort wo entweder perspektivisch der rotbraune Bodentrennsaum in der Ferne in den Raupen unterzugehen schien oder je nach Betrachtungswinkel quer oder schräg über die Reihen geguckt ohnehin nur lila Wellen einer Heeresordnung gleich uns bannte, glaubten wir an das Ufer eines Meeres getreten zu sein. Je nach Licht, Himmel oder Tiefe schimmerte auch das Lavendelmeer in allen Sättigungsgraden seiner Grundfarbe. Von einem schlichten blassen Lila wie es in den 70ern in WG`s wegen angesagter kollektiver Befreiungsversuche innenarchitektonisch angewandt wurde, bis hin zum augennektar beerig-fruchtigen satt-triefenden Lila. Klack, - tack, die Kompakte mußte sich der Großen geschlagen geben. Nur die SLR bietet das Bouquet für derartige Erscheinungen. Mehr als 7nm große Pixel des CCD ermöglichen die dazu nötige Tiefe und Fülle die nur noch von Malern künstlerisch überboten werden kann. Sie waren seitlich unterhalb eines das Lavendelfeld abgrenzenden Wirtschaftsweges unter einer schattenspendenden Baumgruppe. Wie aus einem Hinterhalt nahmen sie neben ihren Protagonisten die wechselnden ehrfürchtigen Gaffer wahr. Strohhüte lugten über die Staffetten. Melancholische Farbklecksruhe neben der flirrenden schweigenden Luft über den Feldern. Gelegentliches Kichern unterbrach ihr kontemplatives Ruhen in der Abstraktionsfindung ihres Sujets. Ich stand leicht vornüber gebeugt in der seit Kindheitstagen notwendigerweise eingeübten Combat-Stellung um kleiderschonend schwammig triefende Früchte zu verzehren. Der auf einer großen flachen Kuppe und in einem Schenkel eines Kreissträschenkreuzes inmitten großer Lavendelfelder gelegene üppige Gemüse- und Obststand präsentierte sich für Gelegenheitsbesucher wie uns und die allenthalben aufkreuzenden Insassen der Reisebusse als touristischer Garnisonsplatz. Trappertouristen wie wir sahen den herbeiströmenden Heerscharen von Außereuropäern bei ihren allzu innigen Versuchen zu, die Lavendelraupen sowohl konkret als auch im übertragenden Sinne zu erfassen. So verteilten sich in den Beständen die verschiedenartig umfangreich entblößten Leiber wie nach einer Schrotgarbe die Trefferverteilung der Kügelchen. Der Schütze kam später. Scheinbar Alles hatte der Turbolader weggepustet. Auf unserer Obstanhöhe, die inzwischen verwaist und teilweise von dunklen Wolken überzogen war, flog ein originaler Renault R5 Turbo heran. Hitzig harrte er im Leerlauf des ebenso genußsuchenden Fahrers bis er mit beeindruckender performance weiterpfeilte. Auf den Fahrten über die kleinen und größeren Dörfer darf kaum ein Geschäft mit regionalen Besonderheiten ausgelassen werden. Das Lavendelmuseum am Zubringer zu einer Kleinstadt zeigte technische Besonderheiten aus der Zeit die Manufaktum so sehr beschwört. Neben den handbedienbaren Geräten sahen wir auch frühe Standmotoren. Großzügig deckten wir uns mit Erzeugnissen aus Lavendel ein. Seifen, Düfte, und ein Likör. Nur die fabelhaften naturalistischen Aquarelle einer lokalen Künstlerin wollte die Verkäuferin uns partout nicht geben. Der Stoffladen. Bis zur Decke quollen die eingeschlagenen Bahnen und zeigten die historischen Muster. Ursprünglich kam mit der Stoffdrucktechnik aus Indien auch deren Motive im 18.Jhrt. nach Frankreich. Mit der Jacquard-Webtechnik, diese kann mit verschieden farbigen Fäden weben, etablierten sich auch regionale Motive. Lavendelrispen, Zikaden, Lilien und Bienen sowie andere traditionelle Symbolgrafiken. Im 20. Jhdrt. fast eingeschlafen gibt es seit langem wieder diese Kostbarkeit. Die Farbenpracht und die Kleinteiligkeit der Muster lies auch meine Augen wandern. Als zur Zeit der französischen Revolution Kirchen entweiht oder umgenutzt worden waren, verschwanden in ihnen die Krippen zur Weihnachtszeit. In ländlicher Handarbeit aus Ton wurden die Heiligenfiguren, die Santons, als eine Art Gegenbewegung im Winter modelliert und bemalt und auch bekleidet. Später wurden Berufs- und typische Zivilpersonen gefertigt. So sieht man den Briefträger aus der Zeit wie er in Filmen von Tati herumläuft und alle anderen Originale in Puppengröße. Der Anschaffungswiderstand reichte nicht zum dekorativen Spontankauf. „Porta, Porta!“ ermunterte der Altbauer mit Hakennase Brigitte als sie mit zwei großen Bündeln Lavendel den zum Verkaufsraum umgestalteten Schuppen verlassen wollte. Im hinteren Bereich, hinter der flirrenden Glut der Sonne, die Schlagschatten bildend nicht ganz bis zur Verkaufstheke durchdrang, zeigte er auf einige kleine Garben Getreide. Sie sollen unsere Haustüre schmücken. Auf unseren Wegen mit dem Auto durch die Köstlichkeiten der südlichen Hitze gibt es immer wieder Überraschungen, welche zum Verweilen einladen. Zwei abgetakelte Göttinnen kuschelten nebeneinander in einer Feuchtbrache. Das noch baumlose Gestrüpp ragte bis zu den Türgriffen, sie versanken allmählich im Grund und hinterließen ihren morbiden Charme einer nie übertroffenen Formgebung, welche auch von weitem noch wie ein Altar der höchsten Designkunst jeden Blick fesselt. Fast noch schöner als zu Lebzeiten, entziehen sie sich nie dem nachmalenden Blick des Betrachters. Wie betörend die beiden Regenrinnen der Dachhaut in sektkelchförmige Blinklichter übergehen. Wie harmonisch organisch die hintere Radabdeckung bis über die Nabe das gesamte Blechkleid vervollständigt. Wie die Motorhaube sich vorne leicht abfallend mit der glatten Unterverkleidung leicht aufbeugend an der verchromten Stoßstange ohne Stufen zu bilden trifft. Immer wieder bleibt das Auge an dem gebogenen Einarm hängen, der das Rad zum Lenken hält. Platt am Boden hier im Gras liegend wie zu Lebzeiten mancherorts am Rinnstein knapp über dem Kopfsteinpflaster bei inaktiver Hydropneumatik. Unter dem Gewebemuster der ausladenden und sich verschlingenden blattreichen Äste der Platanen wird Hof gehalten. Neben der üppigen Blumenpracht in Kübeln und Eimern der Stand mit Erzeugnissen aus der Ziegenhaltung. Arterienblutrote Würste und zahnpstahelle wundervoll duftende Frischkäsepuks, so die Dimension wie beim Eishockey, sowie die delikaten Derivate mit Schimmelkulturen neben den Hartkäsen verschiedener Provenienz. Die Erzeuger kommen aus dem bergigen Hinterland, die parkenden Geländewagen, die den hiesigen Polizeidienststellen ob ihrer optischen Präsenz den Atem rauben würde, bringen die rötlich-braune Erde bis in die Blattfedern glaubhaft mit. Am größten präsentieren sich immer die Obst- und Gemüsehändler, sie brauchen über die 12 Meter Personal. Wir bewunderten den obligatorischen zentral gelegenen Brunnen, der zu einer Saline ausgebaut war. Das sichtlich eisenhaltige Wasser kämpfte gegen die wundervolle Bemoosung der Steinskulptur an. Irma nahm die Tränke an. Vorbei an weiteren Kräuter- und Gewürzständen mit ihrem optischen Magnetizismus sahen wir sie: die Salatschleuder deren Planetenradsatz je nach Preis verschiedenartig kunstvoll in den Deckel eingearbeitet ist. Die durchsichtige Plastikschutztischdecke mit eingeprägten Imitaten von Stickereien und Brüsseler Spitzen. Die sanft geschwungenen Laguiole-Messer mit denen man Kartoffel schälen, essen und Stöckchen schnitzen kann. Stöckchen? Irma hatte wieder ´was gefunden, der Platanenzweig zum Markttag wurde totgebissen.